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hannalabita80

Warum das Trauerjahr eigentlich keine so schlechte Idee war



Heute möchte ich mit euch über etwas sprechen, das mir immer wieder begegnet: das „Trauerjahr“.


Viele von uns haben vielleicht schon mal gehört, dass es nach einem schweren Verlust als hilfreich angesehen wird, dass das Umfeld weiss "ich trauere" – und man sich die Zeit nehmen DARF, um den Schmerz zu verarbeiten.


Und ich wage zu behaupten: in vielerlei Hinsicht kann das Trauerjahr eine große Hilfe sein.



Was war das Trauerjahr eigentlich?


Früher war das Trauerjahr eine festgelegte Zeit, in der Trauernde nach dem Verlust eines nahen Angehörigen bestimmte Rituale und gesellschaftliche Normen befolgten. Dazu gehörte das Tragen von Trauerkleidung, der Rückzug aus dem sozialen Leben und religiöse Zeremonien. Die Trauer wurde öffentlich gezeigt, und die Trauernden hatten Zeit, sich zurückzuziehen und den Verlust zu verarbeiten.

Nach einem Jahr gab es oft ein Ritual, um wieder in das normale Leben zurückzukehren.



Ich bin kein Fan davon, dass die Trauernden sich zurückziehen MÜSSEN! Aber ich bin geneigt zu sagen, dass es gar nicht so schlecht war, die Trauer öffentlich zu zeigen. Öffentlich war sichtbar "ich trauere, bitte nehmt ein bisschen Rücksicht".



Und ich finde es sogar ein bisschen schade, dass es das offizielle Trauerjahr in der Form nicht mehr gibt.

Lasst mich euch erzählen, warum.

Vorweg, lasst uns nicht auf das EINE JAHR festlegen, es ist völlig egal, ob es 6 Monate sind, 1 Jahr oder viel länger. Mir geht es eher darum, dass man öffentlich zeigen konnte (durch Kleidung z.B), dass man gerade in Trauer ist.



1. Es gibt uns Raum zum Atmen


Nach einem Verlust fühlt sich oft alles wie ein großer, schwerer Felsen an, der auf unserer Brust liegt. Die Welt dreht sich weiter, alle anderen scheinen weiterzumachen, aber wir sind in einer Art innerem Stillstand. Ein Jahr Zeit zu haben, um einfach zu trauern, gibt uns den Raum, in dem wir unseren Schmerz wirklich fühlen können.


In der heutigen Gesellschaft gibt es so viel Druck, schnell „über den Verlust hinwegzukommen“, doch wir wissen alle: Trauer ist keine lineare Reise. Sie kommt in Wellen, mal stärker, mal schwächer. Ein Jahr lang zu wissen, dass es okay ist, nicht immer „funktionieren“ zu müssen, wäre schon eine Erleichterung.



2. Es ist okay, sich neu zu finden


Wir verlieren nicht nur eine geliebte Person, wenn jemand von uns geht – oft verlieren wir auch einen Teil von uns selbst. Vielleicht war die Beziehung zu diesem Menschen ein zentraler Bestandteil unseres Lebens, und ohne ihn oder sie fühlen wir uns plötzlich verloren.

Das Trauerjahr gibt uns die Chance, uns in diesem Raum neu zu finden. Wir dürfen uns fragen: Wer bin ich jetzt? Was braucht mein Herz, um zu heilen? Die Zeit und der Abstand sind wichtig, um diese Fragen zu beantworten, ohne sich von der Welt drängen zu lassen.



3. Jeder trauert anders, und das ist okay


Vielleicht gibt es Menschen um euch herum, die mit dem Verlust auf iandere Weise wie ihr das tut umgehen. Manche "funktionieren" schneller nach außen hin, andere brauchen mehr Zeit. Jeder trauert auf seine eigene Art und in seinem eigenen Tempo. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“ beim Trauern. Es gibt nur das, was für euch in diesem Moment richtig ist. Jeder von uns darf seinen eigenen Weg finden – ohne Urteil.



4. Die erste Zeit ist immer die schwerste


Gerade die ersten Monate nach einem Verlust können überwältigend sein. Die Feiertage, der erste Geburtstag ohne die geliebte Person, der leere Platz am Tisch – all das kann uns das Gefühl geben, dass die Welt aufhört, sich zu drehen.

Das Trauerjahr bietet uns die Möglichkeit, all diese „ersten Male“ in Ruhe zu erleben und zu verarbeiten. Es ist wie eine sanfte Übung, um nach und nach wieder in den Alltag zurückzufinden, aber auf unsere eigene, behutsame Weise.



5. Heilung braucht Zeit, und das ist kein Schwächezeichen


Wir leben in einer Welt, die oft darauf abzielt, alles schnell und effizient zu erledigen. Doch bei der Trauer ist es genau das Gegenteil. Heilung braucht Zeit, Geduld und Akzeptanz. Ein Trauerjahr ist ein Raum, in dem wir uns selbst die Erlaubnis geben, zu heilen, ohne uns schlecht zu fühlen, wenn es länger dauert als erwartet.



Fazit


Trauer ist keine „Sache“, die man schnell abhaken kann. Sie ist ein Prozess, und dieser Prozess braucht Zeit. Ein Jahr zu haben, in dem man sich voll und ganz der Trauer widmen darf, ist keine Schwäche – ganz im Gegenteil. Es ist eine Stärke, sich den Raum zu nehmen, um zu heilen, sich neu zu finden und am Ende wieder mit mehr Frieden und Hoffnung in die Zukunft zu blicken.


Abschließend möchte ich betonen, dass es mir nicht darum geht, das Trauerjahr als feste Zeitspanne vorzuschreiben, sondern vielmehr um die Bedeutung, dass wir als Trauernde in dieser Zeit zeigen dürfen: „Ich trauere.“ In einer Gesellschaft, die oft schnelle Lösungen sucht, ist es wichtig, dass Trauer sichtbar und anerkannt wird. Wenn wir uns diese Zeit nehmen können, ohne uns für unseren Schmerz rechtfertigen zu müssen, wird das nicht nur zu einem inneren Heilungsprozess, sondern fördert auch mehr Rücksicht und Verständnis im Umfeld.


Wir müssen nicht perfekt funktionieren, und wir dürfen uns die Zeit geben, die wir brauchen.


Ich wünsche euch allen viel Kraft, Verständnis für euch selbst und einen sanften Weg der Heilung. Und denkt daran: Es gibt keine „richtige“ Zeit, um zu trauern – nur die Zeit, die ihr braucht.


Eure Hanna

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