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Hinter den Kulissen – Was macht es mit mir, Trauerrednerin und Traurednerin zu sein?

Aktualisiert: vor 18 Stunden



Was macht es mit mir, als Trauerrednerin und Traurednerin zu arbeiten?


Ich möchte euch mal mitnehmen hinter die Kulissen und ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern.


Ihr kennt vielleicht die Aufgaben, die damit verbunden sind das habe ich mal in einem anderen Blogbeitrag aufgeleistet, jeweils für Hochzeiten und für Beerdigungen – die Planung, das Schreiben der Reden, die Koordination mit den Familien.


Aber es gibt noch so viel mehr, was dieser Job mit mir macht. Ich unterteile das mal in zwei Bereiche, die für mich ganz entscheidend sind.


Bereich 1: Was macht es emotional mit mir?

Ganz ehrlich? Manchmal ist es tatsächlich eine Achterbahnfahrt der Gefühle. An einem Tag feiere ich die Liebe und das Leben bei einer Hochzeit, und am nächsten begleite ich Menschen in ihren tiefsten Verlust. Das ist ein Gefühl, das schwer zu beschreiben ist. Aber es ist auch wunderschön.

Auf den ersten Blick denkt man, dass das gar nicht zusammenpasst. Aber das stimmt so gar nicht. Es geht bei beiden um LEBENSGESCHICHTEN.


Ich habe schon viele Lebensgeschichten gehört – jede ist einzigartig und jede berührt mich auf eine andere Weise. Ich tauche in diese Geschichten ein, höre zu, fühle mit und nehme viel mit. Gerade bei Trauerfeiern ist es wahnsinnig berührend zu sehen, wie die Angehörigen und Freunde sich gegenseitig stützen, wie sie ihre Erinnerungen teilen und wie viel Liebe in den kleinen Momenten steckt, die oft übersehen werden.


Aber das ist auch das, was mir am meisten hilft. All diese Geschichten erinnern mich daran, was wirklich wichtig ist im Leben. Wenn ich mal wieder auf der Autobahn im Stau stehe oder mich über Kleinigkeiten im Alltag ärgere, dann halte ich oft inne und denke: „Wow, das ist es gar nicht wert, sich aufzuregen.“


Die wahre Bedeutung von „wichtig“ und „unwichtig“ bekommt man eben in den emotionalen Momenten des Lebens mit.


Was mir besonders hilft, ist, dass ich in jedem Gespräch mit den Trauerfamilien etwas für mich selbst mitnehme. Es ist fast wie eine stille Erinnerung, dass auch ich meine eigenen Prioritäten immer wieder neu justieren muss. Ich bin dadurch mehr in der Lage, den Moment zu genießen und das zu schätzen, was ich habe.


Und nicht nur das. In den Geschichten von Menschen, die geliebt, gelacht und gelebt haben, finde ich oft auch etwas, was ich für mich selber umsetzen kann. Sei es der Mut eines Papas, der für seine Kinder alles gegeben hat, oder die Gelassenheit einer Mama, die auch in schwierigen Zeiten immer ein offenes Ohr hatte. Diese Weisheiten sind es, die mich erden.


Und bei Hochzeiten weine ich auch manchmal mit. Weil es einfach so schön ist. Weil es nicht selbstverständlich ist, dass man einen Menschen gefunden hat, mit dem man beschließt: "Mit Dir, und nur mit Dir will ich alt werden". Es zu versuchen, immer wieder zu kämpfen, sich bewusst füreinander zu entscheiden, wwenn man sich im Alltag mal aus den Augen verliert. Was einfach immer wieder passieren kann, nur spricht keiner in der Hochzeitsbubble darüber.

Aber einfach dieses Gefühl haben, da ist eine Person, die nimmt mich so an wie ich bin.


Bereich 2: Der organisatorische Aufwand

Jetzt mal ganz praktisch: Was verlangt der Job organisatorisch von mir ab? Es ist eine Mischung aus viel Planung, Koordination und Vorbereitung – und vor allem Flexibilität.


Jeder Trauerfall, jede Hochzeit ist total BESONDERS, und jedes Mal ist es eine neue Herausforderung, den richtigen Ton zu treffen und die richtigen Worte zu finden.


Es geht nicht nur darum, eine Rede zu schreiben. Es geht darum, den Raum für die Gefühle der Menschen zu schaffen. EURE Gefühle.


Ich lasse mich auf die jeweilige Situation ein, verbinde mich mit Euch auf einer persönlichen Ebene und sortiere: Eure Gedanken und Emotionen. Das ist nicht immer eine einfache Aufgabe, aber sie erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit.


Ich geb Euch mal ein kleines simples Beispiel. Ihr seid ein Paar und erzählt mir von Euch. Und vielleicht habt Ihr Euch noch nie bewusst Gedanken dazu gemacht, was Ihr an dem Anderen wirklich richtig toll findet. Und lieb habt. Und dann kommt der Satz "er kocht immer für mich mein Lieblingsessen". Dann ist es an mir, dies einzuordnen. Denn was bedeutet "Essen kochen"? FÜRSORGE!


Besonders bei Trauerfeiern finde ich es immer wieder beeindruckend, wie stark die Menschen in ihrem Schmerz sind und wie sie trotzdem in der Lage sind, ihre Trauer mit anderen zu teilen. Es braucht viel Mut, in solchen Momenten die richtigen Worte zu finden – Worte, die Trost spenden und gleichzeitig Respekt vor dem Verlust zeigen.

Und das Gleiche gilt für Hochzeiten. Diese Momente der Liebe und Freude sind genauso intensiv. Ich begleite Paare an einem der wichtigsten Tage ihres Lebens. Da gehört eine Menge Vertrauen dazu. Warum? Weil Ihr einfach ganz viel von Euch als Paar erzählt. Wie Ihr fühlt, wie es Euch miteinander ergeht. Manchmal vergleichen Paare das zu Recht wie eine kleine, aber feine Partherapie. Weil Ihr über Euch redet. Und ganz ehrlich? Wann sitzt man 2-3 Stunden da und redet nur von der eigenen Beziehung?


Und ich bin unglaublich dankbar, ein Teil dieser besonderen Momente sein zu dürfen.


Was macht es für mich?

Was also macht dieser Job mit mir? Er erdet mich.

Er lässt mich die kleinen, oft stressigen Dinge des Alltags aus einer anderen Perspektive betrachten. Oft nehme ich nach solchen Gesprächen meinen Mann in den Arm, bin dankbar, dass ich ihn habe, auch wenn er mich auch tierisch nerven kann. Und ich ihn :-)


Wenn ich in den Geschichten von anderen Menschen höre, wie sie ihre Herausforderungen gemeistert haben, wie sie ihre Beziehungen gepflegt haben und wie sie das Leben in all seinen Höhen und Tiefen geliebt haben, dann wird mir immer wieder bewusst, was ich in meinem eigenen Leben schätzen sollte.


Es sind die großen und kleinen Momente, die den Unterschied machen. Und wenn ich dann das nächste Mal in den Spiegel schaue und mich über etwas aufrege, dann erinnere ich mich daran, wie vergänglich viele dieser kleinen Ärgernisse sind. Vielleicht ist es genau das, was dieser Job mit mir macht: er gibt mir eine Perspektive. Und er gibt mir die Möglichkeit, bei jeder Feier und jeder Trauerfeier ein Stück von mir selbst zu hinterlassen.


Es ist wahnsinnig schön, Eure Lebensgeschichten zu hören, sich in sie hineinzufühlen und dabei auch noch etwas über mich selbst zu lernen. Ich nehme das alles mit, es lässt mich wachsen und hilft mir, jeden Tag mehr zu schätzen.


Und daher bin ich mit Leib und Seele Trauerrednerin und Traurednerin, mit ganzem Herzen.


Eure Hanna


Möchtet Ihr zu dem Thema mehr wissen? Dann schaut Euch gern mein YouTube-Video an:




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